Blessingway – Die spirituelle „Babyparty“

Blessingway als Alternative zur Babyshower

Verliebt, verlobt, verheiratet – und dann?! Das Happy End? Neeeeee! Dann geht das Leben erst so richtig los! Für nicht wenige Frauen heißt es spätestens dann: Mama werden… Ich weiß nicht, wie’s Euch geht, aber ich für meinen Teil fand, das war gar nicht so leicht.

Mittlerweile hab‘ ich den ganzen Prozess zweimal hinter mich gebracht: Hoffen, happy einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand halten, rund werden, das kleine Glück unter gar nicht so kleinen Schmerzen gut auf die Welt bringen, durchwachte Nächte, etliche Still-Stunden und noch so viel mehr. Mich persönlich haben die vielen Veränderungen damals nicht ganz kalt gelassen.

Hilfe! Alles ändert sich…

Ob beim ersten, zweiten oder x-ten Mal, das man Mama wird: Sorgen und Unsicherheiten bleiben für die meisten von uns wohl nie ganz aus: „Schaffe ich das alles?“; „Wird mein altes Umfeld mich auch in der neuen Rolle akzeptieren und mögen?“; „Mein Körper verändert sich. Findet mein(e) Partner(in) mich so noch attraktiv?“; „Kann ich als Mutter auch 2, 3, 4, … Kindern wirklich gerecht werden?“… Fragen, die vielleicht nicht die Welt, aber zumindest die ein oder andere Schwangere bewegen. Was da hilft? Zuspruch!

Blessingway im Frauenkreis

Freundschaft ist, sich gegenseitig die Hand zu zu reichen…

Den bekommt die Schwangere in der Regel von weiblichen Verwandten oder Freundinnen: ihrem ganz persönlichen „Frauenkreis“ eben. Meist passiert das nebenbei im Alltagsgeschehen in diversen Gesprächen über einer Tasse Kaffee oder immer öfter auch per Textnachricht. Im Idealfall wird der Frau dann aufmerksam zugehört, ihre Anliegen, Sorgen und Nöte werden anerkannt und ernst genommen, aber hoffentlich zum großen Teil entkräftet. Eine Schwangerschaft aber ist – zumindest für die Betreffende – nichts Alltägliches. Auch auf die Gefahr hin, jetzt furchtbar kitschig zu klingen: Jedes neue Leben, das entsteht, ist ein kleines Wunder – und dieses Wunder erleben die meisten Frauen nur einige wenige Male im Leben. Schwangerschaft und Geburt sind echte Grenzerfahrungen. Ereignisse, die auf der Schwelle von einem Lebensabschnitt zum anderen stattfinden.

Dem Besonderen Rechnung tragen…

So viele besondere Einschnitte in unserem Leben würdigen wir. Dem Sortiment der einschlägigen Party-Supplier nach zu urteilen, gibt’s jetzt Feiern zum Schulstart. Wir feiern das Erwachsenwerden mit einer symbolischen Aufnahme in den Kreis der Älteren mit Kommunion, Konfirmation oder einer alternativen Jugendfeier. Zum Schulabschluss gibt’s ’ne dicke Party. Wenn sich verlobt und geheiratet wird, lassen wir die Korken knallen. Kommt dann ein Kind, kennt unsere Kultur ebenfalls verschiedene Feierlichkeiten, um den Anlass zu ehren. Und eine Schwangerschaft?

„ (…) Aus vielen Gründen gibt es in unserer westlichen Kultur schon zu lange keine Zeremonien mehr, die das Austragen und Gebären eines Kindes als heiligen Übergangsritus feiern. Irgendwo in jeder Frau liegt das tiefe Wissen verborgen, dass ein Kind auf die Welt zu bringen ein vielschichtiger und geheimnisvoller Initiationsprozess ist. Viele Frauen realisieren das erst, nachdem sie geboren haben, in privaten Momenten, wenn sie darüber nachdenken, was mit ihnen und in ihnen passiert ist. Genau dann wünschen sie sich heimlich, besser vorbereitet worden zu sein – dass sie das Ereignis, das ihren Geist, ihren Körper und ihre Seele so nachhaltig verändert hat, in irgendeiner Form geehrt hätten. Dieser Wunsch wandelt sich oft zu Trauer und wird dann nach und nach vergessen, wenn die Pflege eines Neugeborenen ihr Leben einnimmt.
Ob sie es erkennen oder nicht, jeder – Eltern, Babies und Geburtshelfer – spüren den zerstörerischen Einfluss der lediglich auf’s Medizinische fokussierten Geburtsvorbereitung. (…)“

(„Mother Rising – The Blessingway Journey into Motherhood“; Yana Cortlund, Barb Lucke, Donna Miller Watelet)

Auch mir ging es – vor allem beim zweiten Kind – so. Eine „Kommerz-Babyparty“ mit Cupcakes in Blau oder Rosa, amüsanten bis albernen Spielen, bei denen man z.B. Schoko-Pudding aus Windeln löffeln darf, oder sogar ein „Gender-Reveal“ mit Luftballons oder Konfetti-Kanone? Hätte ich alles nicht gewollt. Das finde ich persönlich alles nett und spaßig, aber mein Herz hätte es nicht berührt, mich weder emotional abgeholt noch aufgefangen.
Aber ein Blessingway? Eine ruhigere, achtsame Art, den Moment zu würdigen, mich in meiner ganzen Freude, aber auch Verletzlichkeit und Unsicherheit von meinen Liebsten, meinen vertrautesten Personen gesehen, angenommen und gehalten zu fühlen? Das hätte ich mir schon gewünscht. Deshalb biete ich es – mit der Erfahrung, die ich in mittlerweile 7 Jahren des Leitens von Trau-Ritualen sammeln durfte – jetzt einfach anderen an!

spiritueller Frauenkreis

Sich austauschen und anvertrauen können – ein Segen in der Schwangerschaft

Was ist ein „Blessingway“?

Zunächst aber interessiert Euch bestimmt, was so ein Blessingway eigentlich ist. An sich dürfte ich diesen Begriff, ohne mich der „kulturellen Aneignung“ schuldig zu machen, gar nicht in den Mund nehmen – oder Euch auf den Bildschirm bringen. Aber ich weiß, dass diejenigen unter Euch, die nach einer spirituellen Alternative zur klassischen Babyparty suchen, so schlichtweg am einfachsten fündig werden.
„Blessingway“ oder „The Blessing Way“ ist eine vereinfachte englische Übersetzung aus dem Navajo, der Sprache der Diné, einem indigenen nordamerikanischen Naturvolk. Es bezeichnet eine Zeremonie, die das „stetig fortlaufende und wiederkehrende Leben in einem Umfeld von Schönheit und Harmonie“ feiert. Solche Blessingways kennen die Navajo / Diné für viele Lebensabschnitte, unter diesem Namen ist bei uns im Westen aber hauptsächlich das „Mother Blessing“ bekannt geworden, das wir hier für unsere Zwecke speziell herausgreifen wollen.

Wie es der Name schon nahe legt, geht es bei einem solchen darum, die werdende Mutter zu segnen, ihr also gute Wünsche und liebevolle Worte für die bevorstehende Geburt mitzugeben. Das geschieht traditionell in einem geschützten Raum, in einem Kreis von (ausschließlich) Frauen, denen die Schwangere vertraut – und sich gern anvertraut. Eine echte Navajo-Zeremonie könnte gut über zwei Tage dauern und würde außer Räucher-Ritualen, dem Überreichen symbolischer Geschenke, dem Kämmen der Haare und Waschen der Füße der Schwangeren auch heilige Gesänge und eine Art Zaubersprüche, die eine sichere und harmonische Ankunft des neuen Lebens auf der Erde unterstützen sollen, beinhalten.

Weil die meisten von uns sich aber heutzutage kaum mal einfach zwei Tage frei nehmen können für solch ein Event – und weil wir weder der heiligen Gesänge noch der Zaubersprüche der Diné mächtig sind – lehnen sich westliche Blessingway-Zeremonien nurmehr vage an diese Inspirationsquelle an. Kleine Geschenke wie z.B. eine Münze, die dem Kind zukünftig Wohlstand verheißen soll, Nadel und Faden, die für Fleiß stehen oder auch ein Apfel als Symbol für Gesundheit lassen sich aber gut einbeziehen. Geräuchert wird auch hier gern. Ganz persönliche Segensworte finden Menschen in jedem Kulturkreis, wenn sie in ihr Herz hineinhören – und um die Schwangere zu verwöhnen, da finden werdende Omas, (Groß-)tanten und Freundinnen immer Wege.

Verbunden sein mit allen Sinnen

Die Diné haben mit einem klassischen Blessingway kein kleineres Anliegen, als „das Gleichgewicht mit dem Kosmos“ herzustellen. Das klingt erst einmal groß und mystisch, bei genauerer Betrachtung ist es aber vielleicht gar nicht so schwierig. So ein Gleichgewicht entsteht durch Verbundenheit: mit der Natur, mit sich selbst und mit den Mitmenschen. Fühlt sich die Schwangere auf positive Weise mit ihrer Umwelt verbunden und von ihr unterstützt, kann sie auch dem Geburtsprozess, dem Wochenbett und der (erneuten) Mutterschaft gelassener entgegenblicken.

Naturverbundene Schwangerschaft

Sich eingebettet fühlen ins große Ganze schenkt Gelassenheit und Zuversicht.

Während einer Blessingway-Zeremonie gibt es verschiedene Möglichkeiten, dieses Verbundenheitsgefühl herzustellen und zu stärken. Das Ansprechen aller Sinne bringt die Teilnehmerinnen aus allzu oft verkopften Zuständen in den Moment. Entspannende Musik und eine angeleitete Meditation erden alle für die Dauer der Feier im selben Raum. Das Abräuchern mit Kräutermischungen oder der Einsatz ätherischer Öle schaffen eine wohltuende Atmosphäre. Der Ort, an dem das Blessingway stattfindet, kann mit verschiedenen simplen Mitteln auch optisch ansprechend gestaltet werden: ein hübscher Kissenkreis für die Teilnehmerinnen? Eine ansprechend gestaltete Mitte mit einem kleinen Altar oder Blüten-Mandala? Hier sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt. Ihre Liebe können die Teilnehmerinnen die Schwangere mit sanften Hand- oder Fußmassagen, -Waschungen o.Ä. spüren lassen. Zu guter Letzt darf natürlich auch der Geschmackssinn nicht fehlen: Eine wärmende Tasse Tee kann jede Frau schon während der Zeremonie in den Händen halten und einen schönen Abschluss für jedes Blessingway bildet natürlich ein liebevoll zubereiteter Festschmaus.

Kleine Rituale

Auf viele Menschen wirkt das Wort „Ritual“ abschreckend oder einschüchternd, dabei bezeichnet es nichts mehr als lediglich ein „immer gleich bleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“, das oft hohen Symbolgehalt besitzt und religiös oder spirituell aufgeladen sein kann. Nicht muss! Meiner ganz persönlichen Meinung nach sind Rituale aber nicht in Stein gemeißelt, sondern können immer auch den Bedürfnissen der Personen, für die man sie durchführt, angepasst werden. Bei den Ritualen, die ein Blessingway beinhaltet, geht es hauptsächlich darum, der Schwangeren Unterstützung zuzusprechen und ihr positive Glaubenssätze für die Geburt mitzugeben.

Rituelles Räuchern im Rahmen eines Blessingways

Wohltuende Düfte, Klänge und Berührungen verwöhnen die Sinne aller Teilnehmerinnen.

Das kann auf unterschiedliche Art und Weise passieren: Gern wird z.B. während der Zeremonie ein Armband für die Schwangere gefertigt, auf das jede der Teilnehmerinnen eine Perle fädelt, die ihren persönlichen Wunsch für Geburt und Wochenbett symbolisieren soll. Auf dieselbe Weise kann man aber auch gemeinsam einen Blumenkranz für die werdende Mama oder eine Geburtskerze anfertigen. Wichtig ist bei jeder rituellen Handlung vor allem die Intention, die dahinter steht: Zuspruch! Der Gegenstand, der am Ende einer solchen Gemeinschaftsarbeit herauskommt, soll der Schwangeren dann – vielleicht sogar während der Geburt – als visuelle und greifbare Erinnerung an die positive Energie dienen, die ihr während des Blessingways von ihren Lieben mitgegeben wurde.

 

Ich hoffe, ich konnte Euch mit diesem kleinen Artikel ein wenig Einblick in die Ursprünge und Durchführung eines Blessingways geben und vielleicht der ein oder anderen unter Euch, die eine werdende Mama in ihrem Umfeld mit einer solchen Zeremonie beschenken möchte, ein paar Inspirationen dafür liefern. Wer so etwas nun gern für eine Freundin organisieren oder selbst erleben, die Ritualleitung aber nicht selbst übernehmen möchte, darf sich gern bei mir melden. Ich freu‘ mich und helf‘ Euch von Herzen gern bei der Umsetzung!

P.S.: Liebe Schwangere, wenn Du nicht weißt, wie Du dir so etwas von Deinen Lieben wünschen sollst, dann hab‘ ich einen kleinen Tipp für Dich: Verschick‘ doch einfach den Link zu diesem Blogartikel hier 😉 .

 

Photo Credits: Amber Rain Photography via Kara’s Party Ideas, Geri Dagys Photography via Estas Tonne Music, Britney Gill via Spiritual Gangster, Euphoria Ashtray, hellonest